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»Europa sieht sich gern als
Vorreiter in Sachen Toleranz
und Menschenrechte. Aber die
Taten sprechen eine andere
Sprache.«
Provisorisches Camp in Bihac,
nahe der bosnisch-kroatischen
Grenze
Aus einem Video der New York Times, 2017 / Spiegel online 30. Januar 2019
Bild: © Kevin Mc Elvaney
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Das Recht
auf Asyl
Verweigerung des Zugangs
zu fairen Asylverfahren
Mit dem Refoulement-Verbot der Genfer Flüchtlings-
konvention ist es seit 1951 völkerrechtlich verbind-
lich untersagt, Schutzsuchende in Staaten zurück-
zuweisen, in denen ihnen Gefahr und Verfolgung
drohen. Dennoch hat zum Beispiel alleine das EU-
Mitglied Ungarn 2017 20.100 Schutzsuchende von
seinem Territorium nach Serbien zurückgedrängt.
Viele dieser Menschen wurden von ungarischen
Grenzbeamten misshandelt. Innerhalb der gesam-
ten EU herrscht mittlerweile ein harter menschen-
rechtsfeindlicher Wettbewerb an Abwehrmaßnah-
men, um Flüchtlinge in andere Staaten abzudrängen.
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Fehlende Solidarität innerhalb der EU,
Zurückweisung an der Außengrenze
Laut der Dublin-Verordnung ist in der Regel dasjenige
EU-Land für die Durchführung des Asylverfahrens zu-
ständig, das ein Flüchtling als erstes betreten hat.
Dies führt dazu, dass zumeist die Mitgliedsstaaten an
den EU-Außengrenzen für Schutzsuchende verant-
wortlich sind – zum Beispiel Griechenland oder Italien.
Trotz jahrelanger Kritik dieser Länder gilt die Regelung
unverändert fort.
Manche EU-Länder wie Polen, Ungarn oder die Tsche-
chische Republik weigern sich, überhaupt Flücht-
linge aufzunehmen. Hinzu kommen – wie z.B. in Bul-
garien, Ungarn, Griechenland und Kroatien – Gewalt-
taten gegenüber Schutzsuchenden durch
staatliche
Autoritäten.*
*Flüchtlinge werden auf der Balkanroute immer noch Opfer von
brutaler Gewalt, proasyl.de, 09. Januar 2018
Non-Refoulement
Grundsatz der Nichtzurückweisung, Art.
33,
Abs. 1, Genfer Flüchtlingskonvention:
»Keiner der vertragsschließenden Staaten
wird einen Flüchtling auf irgendeine Weise
über die Grenzen von Gebieten ausweisen
oder zurückweisen, in denen sein Leben
oder seine Freiheit wegen seiner Rasse,
Religion, Staatsangehörigkeit, seiner Zuge-
hörigkeit zu einer bestimmten sozialen
Gruppe oder wegen seiner politischen
Überzeugung bedroht sein würde.«
»Die Zielvorgabe muss es sein,
dass es nurmehr außerhalb
Europas die Möglichkeit gibt,
einen Asylantrag zu stellen.«
Herbert Kickl, österreichischer Innenminister
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Über den tödlichen Verlauf
einer
Push-Back Operation
In der Nacht vom 19. auf den 20. Januar
2014 versuchen 28 afghanische und sy-
rische Flüchtlinge in einem Fischerboot
die griechische Küste zu erreichen, unter
ihnen Frauen, viele Kinder und auch Ba-
bys. Der Motor fällt aus. Die griechische
Küstenwache erscheint und nimmt das
Boot in Schlepptau. Es gerät ins Schlingern,
Wasser dringt ein. Das Boot kentert. Am
Ende sind drei Frauen und neun Kinder
tot – ertrunken im ägäischen Meer. Über-
lebende haben mit Unterstützung der
Menschenrechtsorganisation PRO ASYL
Klage vor dem Europäischen Gerichtshof
für Menschenrechte eingereicht.
Flüchtlinge mit einer Trauerkundgebung in Athen
einige Tage nach dem Unglück
https://youtu.be/yIvxeEqPBFA
Video:
Filmbeitrag von Stefan Buchen
für Panorama, Februar 2014
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»Als wir landen wollten, kam ein Boot der Küstenwache auf
uns zu
und umkreiste uns. Vier Personen waren an Bord. Sie trugen
schwar-
ze Uniformen und Gesichtsmasken. Sie riefen:
fuck off, malakas.«*
»Sie hielten ihre Waffen gegen unsere Köpfe. Sie brachten uns
hinaus aufs Wasser. Dabei führten sie ein Beiboot mit sich, das
nicht funktionstüchtig war. Sie stießen uns auf das Beiboot und
fuhren weg.«*
»Ich schaffte es über zwei Zäune. Am dritten erwischte mich die
Guardia Civil. Sie prügelten mit Schlagstöcken auf mich ein – eben-
so die marokkanischen Grenzwächter ... Unten öffnete die Guardia
Civil die Türen im Zaun und die Marokkaner brachten mich zurück
– ebenso wie sieben oder acht andere Flüchtlinge.«**
»Der Polizist schlug mit dem Kolben seiner Pistole auf mich ein. Mein
Kopf war voller Blut ... Er trat mich ... Dann nahmen sie meine zwei
Handys, mein Geld und meine Schuhe ... Sie ... trieben uns unter Schlä-
gen mit Holzknüppeln zurück in die Türkei.«***
*Pushed Back, Systematische Menschenrechtsverletzungen an den griechisch-türkischen See- und
Landgrenzen, PRO ASYL, November 2013
**Übersetzt aus: Fear an Fences: Europe's Approach to keeping Refugees at Bay, Amnesty Inter-
national 2015, Seite 32
***Übersetzt aus: Bulgaria: Pushbacks, Abuse at Borders, Human Rights Watch, Januar 2016, Seite 5
Präzedenzurteil des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte im Oktober 2017: Pushbacks an
der spanischen Grenze sind rechtswidrig.
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Illegale Zurückweisungen an den
Binnengrenzen, illegale Pushbacks
an den Außengrenzen
Die Genfer Flüchtlingskonvention, die Europäische
Menschenrechtskonvention und die Dublin-Verord-
nung garantieren jedem Flüchtling das Recht auf ein
rechtsstaatliches Verfahren und auf Schutz. Alle EU-
Mitglieder sind verpflichtet, Asylanträge individuell
zu prüfen, bevor eine Abschiebung erfolgen kann.
Dennoch sind illegale Zurückweisungen an den
Binnengrenzen der EU sowie völkerrechtswidrige
Abschiebungen (Pushbacks) an den EU-Außen-
grenzen alltäglich.
Pushbacks sind bereits seit 2007 umfangreich doku-
mentiert*, mit den zunehmenden inneren und äus-
s
eren Abschottungsmaßnahmen der EU steigt ihre
Zahl weiter an**. Häufig sind sie von Gewalttaten
begleitet – immer wieder kommt es zu Todesfällen***.
Im Fokus stehen gegenwärtig die griechisch-türkische
und die kroatisch-bosnische Landesgrenze, die
Grenz- und Polizeikräfte in Bulgarien, Ungarn und
Kroatien gelten als besonders brutal. Das Aufklä-
rungsinteresse ist auffallend gering, zumeist bleiben
selbst schwere Straftaten staatlicher Kräfte unge-
ahndet.****
*The truth may be bitter, but it must be told,
Hrsg. PRO ASYL, Oktober 2007
** www.borderviolence.eu
*** proasyl.de, Grenzen als Orte der Gewalt,
02. Oktober 2018 / fr.de
**** srf.ch, Es scheint, die Pushbacks bleiben
ungeahndet, 07. Januar 2019
https://shorturl.de/GwxxU
https://shorturl.de/6HeMw
Bild, 20. Februar 2018, Evros:
Was an diesem Fluss
geschieht, möchte keiner
sehen.
Tagesschau, 16. Dezember
2018, Schiebt Kroatien illegal
aus der EU ab?
Video:
Drei Flüchtlinge sterben am Grenzfluss Evros,
05. Dezember 2018
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Menschenunwürdige Flüchtlings-
lager in Europa
An den Außengrenzen der EU wurden seit 2015
zehn EU-Hotspots eingerichtet –
jeweils fünf in
Italien und in Griechenland.
In den elenden Lagern – wie z.B. Moria auf Lesbos –
werden ankommende Flüchtlinge von der EU
registriert und oft auf Jahre hinaus unter men-
schenunwürdigen Bedingungen festgesetzt.
Personen, die einen angeblich Sicheren Drittstaat
wie z.B. die Türkei durchquert haben, sollen
ohne Asylverfahren direkt wieder abgeschoben
werden. Der Zugang zu einem fairen Asylverfahren
wird systematisch verhindert. Flüchtlingen soll
durch diese Maßnahmen signalisiert werden, dass
sie keinen Zugang zu Schutz erhalten.
»Ihr Zufluchtsort war ein kleines Zelt.
Zu diesem Zeitpunkt war Anna seit ein
paar Wochen schwanger und im Winter
2017 herrschten extreme Wetterbedin-
gungen auf den Inseln der Nordostägäis.«
Beispiele aus der Einzelfallarbeit von Refugee
Support Aegean, unserem Team in Griechenland
Link:
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Seit vielen Jahren trauriger Alltag: Schutzsuchende Menschen
in Moria auf Lesbos – einem offiziellen Hotspot der EU.
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Der EU-Türkei-Deal: Ausverkauf der
Menschenrechte
Während ein Land nach dem anderen entlang der Balkan-
route seine Grenzen schloss, verfolgte Bundeskanzlerin
Angela Merkel ihren eigenen Plan, um die Flüchtlinge be-
reits im Vorfeld an der EU-Außengrenze abzuwehren. Am
20. März 2016 trat der so genannte EU-Türkei-Deal gegen
»irreguläre Migration« in Kraft. Es handelt sich dabei um
einen Tabubruch in der europäischen Flüchtlingspolitik:
Ab sofort sollen Schutzsuchende in ein Land zurückge-
schoben werden, in dem schwere Menschenrechtsverlet-
zungen begangen werden und die Genfer Flüchtlingskon-
vention nur in Teilen gilt.
Merkel und Erdogan vereinbaren den Deal
Link:
Ausführliche Broschüre:
Der EU-Türkei-Deal und seine Folgen
Video:
Türkische Küstenwache: Versuchte Zurück-
drängung auf dem Meer, Filmdokumentation
von Channel 4 News, März 2016
https://www.youtube.com/watch?v=CdzYzayvpY4